Wenn Welten aufeinander prallen.
Etwas zurück geben. Unter diesem Motto haben wir am Freitag zwei Konzerte in Stralsund gespielt. Vormittags an der Marie Curie Schule und am Nachmittag in der Justizvollzugsanstalt.
Wir haben lange überlegt, wie wir dieses Vorhaben umsetzen können und glücklicherweise, entwickelte sich die Aktion zumindest für diesen Tag zu einem Selbstläufer.
Nach einem gemeinsamen Frühstück mit Lehrern und Schülern betraten wir um 10:15 Uhr die ebenerdige Bühne und starteten mit unserem Set. Vor uns standen Kids verschiedener Herkunft, verschiedenen Alters und verschiedener Interessen. Die Kids standen auf der Bühne, neben der Bühne und hinter der Bühne.
Was uns aber von Anfang an eine Gänsehaut bescherrt hat, war die Aufmerksamkeit, mit der uns die Kinder in die Augen sahen. Augen, die strahlten, die uns berührten und uns für einen Augenblick in eine andere Welt schickten. In diesem Augenblick waren wir alle gleich. Frei von Allem, was uns die Unbeschwertheit nimmt. Wir könnten hier jetzt weiter versuchen Worte für diese Augenblicke zu finden, werden wir aber nicht schaffen.
Für diese leuchtenden Augen, diesen Zustand und dieses Glücksgefühl gibt es keine Beschreibung. Auch ein paar Tage später nicht.
Spätestens nach diesem Konzert war uns klar, dass für uns heute zwei Welten aufeinander prallen und wir mitten drin sind. Angekommen in der JVA bauten wir unseren Kram auf, während die Gittermusikanten, gerade ihren Soundcheck machten. Es war ein seltsames Gefühl, was in der Luft lag und keiner von uns konnte dieser Enge ausweichen. Die Sonne schien über die Gefängnismauern, versprühte aber keine Wärme. Hier scheint keine Sonne. Gegen 15:30 Uhr ging das Intro los.
Die Häftlinge der JVA saßen auf dem Boden, uns trennten ca. fünf Meter, auf der anderen Seite eine Hand voll Beamter. Der Beginn der Show war ein einziges Gefühlschaos. Wie bewegt man sich, welche Worte nutzt man und wo schaut man hin? Für dieses Konzert gab es kein Rezept.
Es gibt allerdings ein Rezept für das Miteinander auf dieser Welt und das heißt Respekt, Empathie und jedem Menschen, egal wie viel Scheiße an seinen Hacken klebt, eine Chance zu geben.
Als diese Menschen, die dort hinter Gittern leben, geschlossen aufgestanden sind um unserer Musik zuzuhören, applaudiert haben, Zugaben forderten und wir uns in die Augen sahen, haben wir genau das empfunden.
Für uns war dieser Freitag mit Sicherheit einer der emotionalsten Tage, seit wir in dieser Besetzung Musik machen. Wir werden sicher noch ein paar Tage brauchen um das Ganze sacken zu lassen.
Danke an Michaela, Kathrin, Flo, Monty, Mäx für das Vertrauen und die Hilfe, und Danke an alle Menschen, die uns an diesem Tag so viel gegeben haben.
Es ist schön wenn aus "Alles nicht so leicht, gar nicht so schwer" wird.
Felix, Tino, Christian & Mike